Im Rahmen der Lehrredaktion wird durch die Kooperation mit dem ICAE (Institut für die Gesamtanalyse der Wirtschaft, Uni Linz) in den Praxismodulen realer Content für die intermediale Verbreitung produziert. Die LehrredakteurInnen werden die kommende ICAE Sommerakademie mit dem Titel „Kritik. Einmischung. Protest. Politisches Handeln in der heutigen Zeit.“ journalistisch begleiten und medial für Radio, TV und Internet aufbereiten.
Die ICAE Sommerakademie:
Worum geht es bei der Sommerakademie 2012
Wir leben in einer Zeit politischer Unrast. Politisches wird wieder diskutiert. Zugleich verschärfen sich soziale und politische Ungleichheiten. Dennoch kann einer institutionellen Opposition, die gerechtere Alternativen zum derzeitigen Wirtschaftssystem vertritt, kaum Chancen auf eine Politikwende eingeräumt werden. Zudem erscheint es schwierig, außerparlamentarische Oppositionsformen nachhaltig zu verstetigen.
Damit rückt das Thema der politischen Praxis in den Vordergrund:
(1) der Institutionen der liberalen Demokratie und der aktuellen, oft neoliberalen Machtsysteme, die sich in der Krise noch zu verfestigen scheinen, und
(2) der verschiedenen Oppositionen, die für mehr Teilnahme, Zustimmung und neue Mehrheiten in der Demokratie kämpfen.
Bei der Sommerakademie gehen wir davon aus, dass eine Wiederbelebung des alten demokratischen Fortschrittsprojekts – für mehr Gerechtigkeit, Gleichheit und Autonomie der BürgerInnen – eine grundsätzliche Veränderung des politischen Handelns erfordert.
Erst wenn das Ziel des politischen Handelns nicht in (einer wie auch immer gearteten gesamtgesellschaftlichen) wirtschaftlichen Effizienz, sondern in mehr Gerechtigkeit, mehr Gleichheit und mehr Autonomie liegt, ist ein Bruch mit den vorherrschenden Formen politischen Handelns möglich.
Auf der Sommerakademie wollen wir “politisches Handeln” grundsätzlich-philosophisch diskutieren und ein breites Spektrum oppositioneller Praxisformen vorstellen. Dabei reicht das Spektrum von neuer Gewerkschaftsarbeit über die Occupy-Bewegung bis hin zu oppositionellen Organisationsformen des arabischen Frühlings.
Ziel der Sommerakademie ist es, die aktuelle Krise auch als eine Krise des politischen Handelns und der Partizipation von BürgerInnen und Oppositionsgruppen in den liberalen Gesellschaften zu begreifen, um neue demokratische Formen des politischen Handelns zu stärken.
Das Programm der Sommerakademie 2012
Donnerstag, 07.06.2012
13:00h: Auftaktveranstaltung, moderiert von Walter Ötsch (ICAE)
14:00h: Thema 1: Kritik. Zur Theorie des politischen Handelns
ReferentInnen: Isolde Charim (Wien) und Hauke Brunkhorst (Universität Flensburg)
Inhalt: Eine theoretische Einführung in das Thema der Sommerakademie. Hier soll ein Überblick über Theorien des politischen Handelns geboten werden. Dabei geht es auch um eine kritische Auseinandersetzung mit traditionellen linken Ansätzen, z.B. aus der Frankfurter Schule. Warum sind bestimmte Konzepte sozialer Bewegungen gescheitert? Welche Konsequenzen folgern daraus? Welcher Handlungsbegriff ist für die aktuelle Gesellschaft passend?
Isolde Charim studierte Philosophie in Wien und Berlin. Sie hat jahrelang an Universitäten in Linz, Weimar und am Philosophischen Institut der Universität Wien gelehrt und ist seit 1998 als freie Publizistin tätig, u.a. für “Der Standard”, “Falter” und “taz”, zuletzt mehrmals zu den neuen Protestbewegungen. Die Philosophin und Publizistin ist wissenschaftliche Kuratorin am Bruno Kreisky Forum in Wien und hat zahlreiche Bücher zur politischen Philosophie und aktuellen politischen Fragen veröffentlicht, u.a. ein Buch zur Ideologietheorie (2009). Ihr neuestes Buch (mit Gertraud Auer Borea) trägt den Titel Lebensmodell Diaspora. Über moderne Nomaden.
Hauke Brunkhorst ist Erziehungswissenschafter und Soziologe. Er hat Deutsche Literaturwissenschaft, Philosophie, Erziehungswissenschaft und Soziologie in Kiel, Freiburg und Frankfurt studiert und an den Universitäten Frankfurt, Göttingen und Konstanz und Frankfurt geforscht. Er war Professor und Gastprofessor an vielen Universitäten und lehrt jetzt Soziologie an der Universität Flensburg. Hauke Brunkhorst hat sich intensiv mit Fragen der politischen Theorie und Praxis beschäftigt, auch in Auseinandersetzung mit der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule. Er ist Autor zahlreicher Bücher u.a. über politische Soziologie und über die Geschichte politischer Ideen. (Homepage an der Universität Flensburg)
20:00h: Literaturabend Lesung und Diskussion von und mit Robert Menasse
Robert Menasse hat in Wien, Salzburg und Messina Germanistik, Philosophie und Politikwissenschaft studiert. Er war Gastdozent am Institut für Literaturtheorie an der Universität Sao in Brasilien und wurde als Schriftsteller, Essayist und politischer Kommentator mit zahlreichen Preisen geehrt. Menasse entfacht in den Feuilletons deutschsprachiger Zeitungen immer wieder kontroversielle Diskussionen zu aktuellen politischen Fragen. Er hat sich auch in vielen Büchern kritisch mit Österreich auseinandergesetzt. Berühmt sind u.a. Das Land ohne Eigenschaften. Essay zur österreichischen Identität (1992), Dummheit ist machbar. Begleitende Essays zum Stillstand der Republik“ (1999), Erklär mir Österreich. Essays zur österreichischen Geschichte (2000) und Das war Österreich. Gesammelte Essays zum Land ohne Eigenschaften (2005). (Wikipedia-Artikel)
Freitag, 08.06.2012
Vormittag: Thema 2: Einmischung. Ebenen und Formen politischer Beteiligung
Inhalt: Politische Einmischung erfolgt in den unterschiedlichsten Formen und auf den verschiedensten Ebenen der Gesellschaft – vom Organisieren kritischen Denkens bis zum Initialisieren einer neuen Gewerkschaft. Das Forum soll Raum bieten für die Vorstellung, Analyse und Diskussion politischen Handelns in Abhängigkeiten von verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen (geistige, kulturelle, gewerkschaftliche usw.).
9:00h: Themenvormittag, moderiert von Katrin Hirte (ICAE): Eingangsstatements, Workshops und Podiumsdiskussion mit
- Dieter Behr (Europäisches Bürgerforum): Praktische Aktionsformen politischen Protests
- Sandra Stern (Johannes Kepler Universität Linz): Politisch handeln mit oder ohne traditionelle Gewerkschaftsorganisationen? Die Initiative PrekärCafé
- Beat Ringger (Denknetz Schweiz): Alternative Think Tanks, am Beispiel des Schweizer Denknetzes
- Willi Zwirner (ATTAC Österreich): Ein Überblick über politischen Protest in Österreich
Sandra Stern studierte Sozialarbeit und danach Politikwissenschaften an der Universität Wien, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Soziologie der Universität Linz und promoviert zum Thema “Gewerkschaften und un(ter)dokumentierte Arbeit. Gewerkschaftliches Handeln zwischen protektionistischer Klientelpolitik und dem Kampf um gleiche Rechte”. Zuvor war sie hauptamtlich in verschiedenen Gewerkschaftskampagnen in Österreich, Deutschland und den USA tätig. Sie ist beim PrekärCafé politisch aktiv. Das PrekärCafé engagiert sich seit 2008 und in Kooperation mit Gewerkschaften, NGOs und antirassistischen Initiativen für die Etablierung einer Anlaufstelle für un(ter)dokumentiert arbeitende MigrantInnen. Sie publizierte u.a. die Beiträge: Von der Sozialpartnergewerkschaft zur Bewegungsorganisation? (gem. mit Susanne Pernicka, 2011), Versenken – verschütten – verdrängen. Zum Umgang mit Faschismus in Österreich (2011), Service um jeden Preis? Arbeiten im Callcenter (hg. gem. mit AnnikaSchönauer und Ursula Holtgrewe, 2010). (>> Link zum PrekärCafé)
Willi Zwirner ist Geschäftsführer von ATTAC Österreich, war als Finanz- und Unternehmensberater, Fundraiser und Wissenschaftlicher Projektmitarbeiter zu Nachhaltigkeit, Partizipation und Corporate Social Responsibility tätig. Ist zur Zeit nebenbei ehrenamtlich u.a. engagiert in den zivilgesellschaftlichen Initiativen Demokratische Bank und Gemeinwohl-Ökonomie und im Netzwerk zur demokratischen Kontrolle der Finanzmärkte.
Vormittag: Thema 3: Protest. Zur Praxis aktiver Bewegungen
13:30h: Kennenlernen des: “Platz des Protests”
Wir laden VertreterInnen von Organisationen und Aktionsformen in Österreich ein, sich auf dem “Platz des Protests” zu präsentieren und für Auskünfte zur Verfügung zu stehen. (Tische usw. werden gestellt, Deko, Materialien usw. kommen von den VertreterInnen)
[Eine Liste der teilnehmenden Initiativen soll hier im Mai zu sehen sein.]
14:30h: Workshops zu Initiativen
Inhalt: Vier parallele Workshops, die jeweils zweimal hintereinander angeboten werden. Die TeilnehmerInnen können also zwei (von vier) Workshops besuchen.
- Workshop 1: Arabischer Frühling : mit Adel El-Sayed (Universität Innsbruck)
- Workshop 2: Protestformen in Europa: mit Werner Rätz
- Workshop 3: Rechtliche Hintergründe für Protest: mit Josef Unterweger
- Workshop 4: Arbeiten mit Gewerkschaften?: mit Dieter Behr
Adel Ey-Sayed ist Lektor am Institut für Politikwissenschaften an der Universität Innsbruck. Er publiziert und hält Vorträge über Religion und Gesellschaft im Nahen Osten und ist Aktivist bei der Friedens-, Erneuerungs- und Reformbewegung im arabischen Raum.
Werner Rätz ist seit Mitte der 70er Jahre in der Internationalismus- und Friedensbewegung aktiv. Er hat mehrere Russell-Tribunale unterstützt, im Jahre 2000 ATTAC Deutschland mit begründet und auch mehrere
Großaktionen mit geplant und organisiert (Kampagen Gesundheit ist keine Ware, G8-Aktionen 2007, Anti-Krisenproteste seit 2008).
Josef Unterweger ist Anwalt in Wien. Er berät und vertritt ständig Bürgerinitiativen, Umweltschutzorganisationen und NGOs im Bereich Umweltschutz, Tierschutz, Verkehr, Soziales, Betreuung und Menschenrechte (>> homepage)
17:30h: Plenum: Präsentationen und Diskussionen der Workshops, Moderation: Jürgen Nordmann
ab 20:00h: Ausklang am “Platz des Protests”
Samstag, 09.06.2012
9:00h: Thema 4: Was folgt daraus für das eigene politische Handeln?
Strukturaufstellung mit Ruth Sander (München) zur Frage der Anwendung der Inhalte der Sommerakademie auf eigenes politisches Handeln.
Dr. Ruth Sander ist systemische Beraterin und Leiterin von “Politik im Raum” (>> homepage)
“Politik im Raum” wendet das Instrumentarium von ’systemischen Aufstellungen’ auf gesellschaftspolitische Prozesse an: Aus den Fragen der TeilnehmerInnen zum gestellten Thema werden System-Elemente abgeleitet, die für die Antworten wesentlich sind. Einige Teilnehmer stellen sich als RepräsentantInnen dieser Elemente zu Verfügung.
Es entwickelt sich ein Prozess im Raum, der das Thema plastisch erfahrbar macht: Die TeilnehmerInnen sehen diesen Prozess, hören die Aussagen der StellvertreterInnen, bekommen ein Gefühl für die räumlichen Verhältnisse und entwickeln Impulse, die mögliche Dynamiken aufzeigen. Anschließend wird das Erarbeitete gemeinsam reflektiert.
12:30h: Ausklang: Zusammenfassung und Verabschiedung